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Graue Energie

Fakten zur Behauptung, die Graue Energie habe den größten Energieanteil an einem Gebäude und spreche daher stets für den Erhalt eines Gebäudes.


Quelle: Unsplash

Faktencheck

Den größten Energieanteil am Gebäude stellt die Graue Energie dar, deshalb ist es immer sinnvoller, einen Abriss zu vermeiden.

Diese Behauptung kann nicht generell bejaht oder verneint werden. Vielmehr kommt es auf den konkreten Einzelfall an: Zum einen stimmt es pauschal nicht, dass der größte Energieanteil im Bau stecke, da der Betrieb des Gebäudes schon nach mehreren Jahren mehr Energie verbraucht haben kann. Zum anderen ist es stets sinnvoll, zwischen den drei Optionen Weiterbetrieb, Sanierung & Weiterbetrieb sowie Abriss & Neubau zu vergleichen.

Die Erklärung für Interessierte

I. Einleitung

Laut einer Statistik des Referats für Stadtplanung und Bauordnung aus dem Jahr 2020 wurde knapp 44 Prozent des Münchner Wohnungsbestands zwischen den Jahren 1960 und 1990 erbaut. Die Grundstruktur dieser Gebäude besteht häufig aus Beton. Im Gegensatz zu älteren Gebäuden, die überwiegend in Ziegelbauweise erbaut wurden, stellt sich bei Bauten aus dieser Periode häufig die Frage nach dem Zustand der Bausubstanz und damit einhergehend auch die Frage der Sanierungsbedürftigkeit. Es muss daher geklärt werden, wie zukünftig mit den Bestandsbauten umgegangen werden soll und ob eine Sanierung aus ökologischer Sicht Sinn ergibt oder ob es sinnvoller wäre, die Gebäude abzureißen und durch neue zu ersetzen.

Abbildung: Anteil der Wohnungen nach Baualtersklassen in München in Prozent im Jahr 2019

Quelle: LH München (2020) S. 30

In diesem Zusammenhang wird in die Debatte oftmals der Begriff Graue Energie eingebracht. Was darunter zu verstehen ist und welche Möglichkeiten es gibt, damit umzugehen, soll im Folgenden geklärt werden.

II. Definition

Der Begriff Graue Energie, in der Fachwelt auch als kumulierter Energieaufwand (KEA) oder Primärenergieinput (PEI) bezeichnet, ist wissenschaftlich nicht einheitlich definiert. Für Zimmerman & Reiser stellt sie

den kumulierten, nicht erneuerbaren Primärenergieinhalt für vorgelagerte Prozesse vom Rohstoffabbau über Herstellungs- bis zu Verarbeitungsprozessen und die Entsorgung inkl. Transporte und Hilfsmittel dar.

Quelle: Zimmerman & Reiser (2021), S. 63

Unter Primärenergie wird eine bestimmte Form der Rohenergie verstanden. Beispiele hierfür sind Erdgas, Rohöl, Kohle in der Erde, Solarstrahlung oder auch die potenzielle Energie des Wassers. Das bedeutet, diese Energie wurde bisher nicht umgewandelt, transportiert oder technisch umgesetzt. Weiter untergliedert werden kann die Primärenergie in nicht erneuerbare Primärenergie, wie z. B. Uran, Rohöl oder Kohle, und in erneuerbare Primärenergie, wie bspw. Sonnen- oder Windenergie.

Im Falle der Baubranche werden zur Grauen Energie grundsätzlich die Energieaufwendungen gezählt, die etwa bei der Herstellung und dem Transport von Baumaterialien anfallen. Ebenso werden der Rückbau und die Entsorgung der eingesetzten Materialien zum Bereich der Grauen Energie gezählt.

Graue Energie für die Erstellung eines Gebäudes = Summe der Grauen Energie für die Herstellung aller Bauteile, die für die Erstellung verwendet werden.
Graue Energie für anfällige Instandsetzungen bei Ablauf der Nutzungszeit von Bauteilen = Summe der Grauen Energie für die Entsorgung der bei der Ersatzinvestition rückzubauenden Bauteile und der Grauen Energie für die Herstellung der bei der Ersatzinvestition einzubauenden Bauteile
Graue Energie bei der Entsorgung eines Gebäudes = Summe der Grauen Energie für die Entsorgung aller Bauteile des rückzubauenden Gebäudes

Tabelle: Die Graue Energie eines Gebäudes

Quelle: Eigene Darstellung nach Kornblum & Zimmermann (2017), S. 112.

Eine Untersuchung aus dem Jahr 2007 kam zu dem Schluss, dass die im deutschen Gebäudestandard gebundene Graue Energie in etwa der Energie entspricht, die bei einem 20-jährigen Betrieb dieses Bestandes anfällt.

Laut einer Forschergruppe im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung beläuft sich der Anteil an Grauer Energie an den Gesamtemissionen eines konventionell gefertigten Gebäudes bisher auf durchschnittlich rund 25 Prozent. Die anderen 75 Prozent, und somit der überwiegende Teil der anfallenden Emissionen, entstehen durch die Heizung und sonstigen Energieverbrauch während der Gebäudenutzung.

Durch die zunehmende energetische Sanierung und die Errichtung von energieeffizienten Gebäuden, wird allerdings die Bedeutung von Grauer Energie in der Bau- und Rückbauphase zukünftig zunehmen. Sinken nämlich die Energieaufwendungen für den Betrieb, verschiebt sich der Bedarf an Energie für den Lebenszyklus eines Gebäudes immer weiter in Richtung der eingesetzten Materialien. Der Mehrbedarf an Dämmmaterialien verstärkt diesen Effekt weiter. So sind bei Passivhäusern bspw. rund 50 Prozent des gesamten Energieverbrauchs über den Lebenszyklus in den verbauten Materialien gebunden. Sollten Gebäude in Zukunft energiegewinnend betrieben werden können, so würde die Graue Energie gar 100 Prozent des Energieaufwands für ein Gebäude darstellen.

Dies deckt sich mit den weiteren Ergebnissen der vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in Auftrag gegebenen Studie. So konnte im Jahr 2019 festgestellt werden, dass der Anteil Grauer Energie in Bezug auf den Gesamtbedarf bei Neubauten bei etwa 40 Prozent liegt, sofern man die Bilanzgrenze der damals noch geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) als Grundlage nimmt. Der Anteil Grauer Energie steigt sogar auf bis zu 60 Prozent, wenn die Gebäudeenergiestandards mit mehr Dämmung und Technik verbessert werden.

Wichtig ist zu beachten, dass es kein Material gibt, dass grundsätzlich nachhaltig ist. Andererseits gibt es auch keinen Baustoff, der als per se nicht nachhaltig eingeordnet werden kann. Vielmehr ist entscheidend, wie sowohl Hersteller der Bausubstanzen als auch Planer der Bauprojekte das Thema Nachhaltigkeit mit in die Produktion bzw. die Planung einbeziehen.

Die bislang fehlende allgemeingültige Definition für Graue Energie bringt mit sich, dass es bisher auch keinen einheitlichen Berechnungsstandard für die Graue Energie gibt. Konkret gibt es Probleme bei der Zuordnung, der Bewertung und der Erfassung, da sich diese, je nach Definition, unterscheiden. In diesem Zusammenhang sind auch hinsichtlich der Vergleichbarkeit von Berechnungen zu Grauer Energie die Systemgrenzen bzw. wo diese gezogen werden zu nennen. Zur Verdeutlichung dient folgendes Beispiel: Der Schrott eines Alt-PKW wurde durch den Strom eines Kraftwerks eingeschmolzen und zu einem Stahlträger weiterverarbeitet. Nun soll dieser Stahlträger beim Bau eines Gebäudes Verwendung finden. Bei der Berechnung der Grauen Energie des Gebäudes stellt sich nun die Frage, ob bspw. schon die Stahlträger, die bei dem Bau des Kraftwerks verarbeitet wurden, ebenfalls mit in das System einbezogen werden sollen oder ob auch ein Teil des Aufwandes, der für die Herstellung des Autos nötig war, dem Stahlträger zuzuordnen ist. Zudem muss festgelegt werden, zu welchem Zeitpunkt sich der Energieaufwand von den Produktionsmitteln amortisiert.

Ein weiteres Beispiel, das Kornblum und Zimmermann vorbringen und das bei der Berechnung der Grauen Energie zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann, ist die Bewertung sogenannter Kuppelproduktionen. So würden bspw. Hersteller von Dachbahnen, die bei der Destillation von Erdöl entstehenden Bitumen als Abfallprodukte behandeln, da diese sowieso zwangsläufig entstehen. Dies hätte zur Folge, dass der gesamte Energieaufwand den andere Destillationsprodukten zugerechnet werden müsste und Bitumen praktisch „umsonst“ wären. Bei der Produktion von Werkstoffen gibt es eine Reihe weiterer solcher Beispiele von Kuppelproduktionen. Das bedeutet auch, dass es keine richtigen und keine falschen Zahlen gibt und es daher sehr wichtig ist, transparent zu kommunizieren, auf welcher Berechnungsgrundlage die Ergebnisse entstanden sind.

Zwar gab es seit den 1990-er Jahren vereinzelte Versuche, das Vorgehen bei der Berechnung der Grauen Energie zu standardisieren. Jedoch wurden bei den meisten Versuchen entweder keine konkreten Handlungsempfehlungen formuliert oder es wurde ein relativ großer Ermessensspielraum eingeräumt, sodass Vergleiche wieder nur unter erschwerten Bedingungen durchgeführt werden können. Ein Beispiel für eine detailliertere Bewertungsgrundlage inkl. definierten Amortisationszeiten liefert hingegen das „Merkblatt 2032: Graue Energie – Ökobilanzierung für die Erstellung von Gebäuden“, das vom Schweizer Ingenieur- und Architektenverein SIA herausgegeben wird. Aufgrund der fehlenden allgemeingültigen Definition, ist jedoch dieses auch nur ein weiteres, wenn auch vergleichsweise detailliertes Berechnungsmodell.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Graue Energie keine fixierte physikalische Größe darstellt. Ihr Aufwand steht im Zusammenhang mit der Quote an erneuerbaren Energieträgern in der Energieinfrastruktur und wird daher zukünftig sinken, sofern diese erhöhte Quote für die Produktion der Baustoffe einbezogen werden kann. Hier sind vor allem Erzeugungsprozesse mit Strom und weniger Materialien, die bspw. auf Rohöl basieren, zu nennen.

III. Rechtliche Regelungen

Anders, als bspw. von einigen Verbänden und Bündnissen gefordert, gibt es für das Thema Graue Energie im Bausektor bislang keine rechtlichen Regelungen. Das bedeutet, dass der Primärenergieinhalt im 2020 neu verabschiedeten Gebäudeenergiegesetz (GEG) zur energetischen Bewertung von Gebäuden weiterhin nicht berücksichtigt wird.

Die Autoren der vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in Auftrag gegebenen Studie „Mögliche Optionen für eine Berücksichtigung von grauer Energie im Ordnungsrecht oder im Bereich der Förderung“ kommen zu dem Schluss, dass eine Berücksichtigung der Grauen Energie bei der Bilanzbewertung von Gebäuden mittelfristig rechtlich verankert werden sollte. So könnte die Graue Energie von „typischen“ Neubauten durch die Wahl der Baumaterialien und der Baukonstruktion um ca. 40 bis 60 Prozent reduziert werden. Die Erweiterung der Bilanzgrenze mit Einbezug von Grauer Energie und Nutzerstrom bei der Bewertung von Gebäuden sei laut der Studie mit geringen Mehrkosten von ca. 4 Prozent pro Jahr zu erreichen. Gleichzeitig könne dies zu einer Verbesserung der Klimaschutzwirkung um 75-85 % beitragen.

IV. Vergleich der Energiebilanz: Sanierung oder Abriss und Ersatzneubau?

Die folgende Fallstudie aus dem Jahr 2008 soll exemplarisch zeigen, wie die Energiebilanz bei der Sanierung eines Gebäudes inkl. Anbau in Bremerhaven im Vergleich zu dessen Abriss und einem Ersatzneubau ausfällt. Zudem wurde in den Vergleich der Bau eines Passivhauses sowohl in der Kernstadt als auch am Stadtrand und im Umland mit aufgenommen.


Tabelle: Energiebilanz im Vergleich – Sanierung oder Abriss und Ersatzneubau

Quelle: Eigene Darstellung nach Städtische Wohnungsgesellschaft Bremerhaven mbH

Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass die Graue Energie, die bei der Erstellung anfällt, bei der Sanierung inkl. Anbau mehr als 50 Prozent geringer ist als bei einem Ersatzneubau. Der Energieaufwand in der Bauphase eines Passivhauses ist sogar 3,5-mal höher als bei der Sanierung. Dies hängt vorrangig mit dem größeren Materialeinsatz zusammen. Der Energieaufwand in der Betriebsphase ist bei der Sanierung und dem Ersatzneubau in etwa gleich, wobei der Neubau etwas weniger Betriebsenergie verbraucht. Der Energieaufwand für den Betrieb eines Passivhauses ist im Vergleich nur etwa ein Viertel so hoch. Beim Vergleich des Gesamtverbrauchs an Primärenergie der verschiedenen Optionen, zeigt sich in diesem Beispiel, dass die Sanierung inkl. Anbau den geringsten Wert aufweist, gefolgt vom Passivhaus. Der Ersatzneubau schneidet bei dieser Untersuchung zwar relativ schlecht ab, jedoch ist die Energiebilanz deutlich besser als bei einem Passivhaus, das im Umland gebaut wird. Zu berücksichtigen ist bei den Ergebnissen, dass in der Studie die Annahme getroffen wurde, dass das Passivhaus stets optimal nach Süden ausgerichtet ist und somit die Solarenergie optimal nutzen kann. In der Praxis ist dies jedoch oftmals nicht der Fall, da es die Lage vor Ort nicht hergibt. Außerdem wurde angenommen, dass der Energieaufwand für den Verkehr bei Neubauprojekten höher ist als bei der Sanierung. Der Annahme liegt die Argumentation zu Grunde, dass Neubaugebiete häufig in abgelegeneren Stadtgebieten entstehen würden und somit auch weitere Strecken zurückzulegen wären. Allerdings kann dies sicherlich nicht pauschal für sämtliche Neubauprojekte gelten, wodurch ein anderer Vergleich unter Umständen auch zu anderen Ergebnissen kommen kann. Ebenso sind in diesem Beispiel die Energiebetriebskosten beim sanierten Gebäude nur geringfügig höher als beim Ersatzneubau. Bei einem anderen Projekt, bei dem dieser Unterschied größer ausfällt, könnten die höheren Energiekosten dazu führen, dass ein Ersatzgebäude nach einigen Jahren hinsichtlich seiner Energiebilanz positiver zu bewerten ist, als ein saniertes Gebäude. Es ist daher bei solchen Berechnungen immer zu berücksichtigen, welcher veranschlagte Zeitraum zu Grunde gelegt wird und ab wie vielen Jahren sich z. B. der Energieaufwand für die Erstellung amortisiert.

Die dargestellte Rechnung zeigt, dass bei sämtlichen Vergleichsprojekten folgendes zu beachten gilt: Die der Berechnung zu Grunde liegenden Annahmen und Systemgrenzen erschweren das Treffen von verbindlichen und allgemeingültigen Aussagen bezüglich Grauer Energie und Energiebilanz im Allgemeinen.

V. Möglichkeiten, Einfluss auf die Bilanz der Grauen Energie zu nehmen:

Bereits bei der Planung und dem architektonischen Entwurf eines Gebäudes, besteht die Möglichkeit die Bilanz von Grauer Energie positiv zu beeinflussen. Hierzu gehören bspw. eine optimierte Geometrie, intelligente Konstruktionen, reduzierte Gebäudetechnik und langlebige Materialien. Am entscheidendsten ist das Tragwerk gefolgt von der Fassade, der Gebäudetechnik und dem Ausbau.

Der Anteil Grauer Energie kann durch kompakte Baukörper mit schlanken und effizienten Tragsystemen reduziert werden, wohingegen bspw. das Bauen von Tiefgaragen und Gebäuden mit Fassaden mit viel Glas und Aluminium ihn erhöhen. Grundsätzlich ist es wichtig, das Gebäude als eine Zusammensetzung aus verschiedenen Komponenten zu behandeln, die unterschiedliche Funktionen erfüllen und verschiedene Nutzungsdauern haben. Daher ist es notwendig, für jede einzelne Komponente eine geeignete Lösung zu finden, sodass Aspekte wie Langlebigkeit, Adaptierbarkeit, Rückbau, Recycling und Wiederverwertbarkeit optimal berücksichtigt werden können. Generell gilt, dass Materialien, die bei der Herstellung einen hohen Anteil energie- und prozessbedingter CO2-Emissionen verursachen, durch weniger CO2-intensive Materialien und Recyclingbaustoffe ersetzt werden sollten.

Zwar ist die Dauerhaftigkeit ein zentrales Element bei der Beurteilung des Primärenergieinhalts von Bauteilen. Allerdings kann diese Dauerhaftigkeit aus ökologischer Sicht auch zum Nachteil werden, wenn dadurch ein Austausch von Bauteilen unnötig erschwert wird. Neben Materialmängeln können nämlich häufig auch ästhetische Trends oder regulative und sicherheitsbezogene Aspekte, Gründe für die Erneuerung von Bauteilen sein.

Im Folgenden sollen die Optimierungsmöglichkeiten der Bilanz Grauer Energie nach Zeumer et al. (2009) noch einmal ausführlicher dargestellt werden:

  • Gebäudebezogene Optimierung der Grauen Energie: Dies kann bspw. durch verdichtetes Bauen, eine hohe Kompaktheit, hohe konstruktive Effizienz sowie reduzierte Erdbewegungen erfolgen. Städtebauliche Überlegungen sowie Grundlagenermittlungen können also bereits den Energieverbrauch des Projekts beeinflussen.
  • Bauteilbezogene Optimierung der Grauen Energie: Grundsätzlich gibt es vier Bereiche eines Gebäudes, die hinsichtlich des Bedarfs an Grauer Energie optimiert werden können:
    • Die Primärkonstruktion macht hinsichtlich der Grauen Energie den größten Anteil an einem Neubauprojekt aus. Der Energieaufwand korrespondiert überwiegend mit dem Gewicht des Gebäudes. Daher ist es sinnvoll, bevorzugt auf leichte Konstruktionen zurückzugreifen, sofern weitere Anforderungen dem nicht entgegenstehen.
    • Der Primärenergieverbrauch bei der Herstellung von Fassadenteilen ist in der Regel im Vergleich zu anderen Bauteilen sehr hoch. Besonders transparente Elemente stellen flächenbezogen die energieaufwendigsten Bauteile dar. Es ist daher sinnvoll, diese Bauteile so sparsam wie möglich einzusetzen. Zudem sollten sie immer einen Zusatznutzen darstellen. So können Glasoberflächen bspw. durch das einfallende Tageslicht zur Energiereduktion beitragen. Ebenso kann ein optimierter Materialeinsatz dazu beitragen, das Gewicht der Gesamtkonstruktion zu reduzieren. Ganz grundsätzlich sollte, wie auch bei anderen Bauteilen, auf eine Langlebigkeit der Fassade geachtet werden, damit die Graue Energie im Lebenszyklus verringert werden kann. Gerade im Hinblick auf Witterungseinflüsse, ist dies bei der Fassade besonders wichtig.
    • Ähnlich wie die Fassade, haben auch die Nutzoberflächen innerhalb eines Gebäudes Auswirkungen auf die Graue Energie. Vor allem die Abnutzung, die hohe Austauschfrequenz sowie häufige Reinigungsprozesse tragen einen erheblichen Teil zum Energieverbrauch bei. Einsparungen können einerseits bereits bei der Konstruktion erfolgen. So sind direkt montierte Decken abgehängten Decken hinsichtlich des Primärenergieinhalts im Lebenszyklus vorzuziehen. Ebenso verfügen z. B. Natursteinbeläge über die Eigenschaft, einerseits sehr langlebig zu sein und andererseits einen geringen Primärenergieinhalt sowie geringe Reinigungskosten vorzuweisen.
    • Der Anteil an Primärenergie, den die Technik eines Gebäudes verursacht, wird hinsichtlich Grauer Energie oftmals unterschätz. Gleichzeitig müssen diese Bauteile vergleichsweise häufig ausgetauscht werden. Durch den zunehmenden Technisierungsgrad in den vergangenen Jahren, ist davon auszugehen, dass auch zukünftig ein hoher Austauschbedarf in diesem Bereich besteht. Daher ist es sinnvoll, bei der Planung auf eine reversible Nutzung der Gebäudetechnik zu achten.
  • Nutzungsbezogene Optimierung auf Gebäudeebene: Die nutzungsbezogene Sicht bezieht sich auf das Verhältnis von Grauer Energie zur Betriebsenergie eines Gebäudes. Wichtige zu beachtende Parameter sind dabei die angestrebte Nutzungsdauer eines Gebäudes sowie der Energieverbrauch, der bspw. durch die Beleuchtung, die Heizung und Kühlung sowie den Wasserverbrauch anfällt und je nach Nutzungsverhalten variieren kann. Je höher der Energieaufwand für den Betrieb eines Gebäudes ist, desto mehr treten die Phasen des Baus- und des Rückbaus in ihrer Bedeutung im Gesamtsystem in den Hintergrund. Dennoch ergeben sich auch aus dieser Perspektive Möglichkeiten, die Graue Energie zu optimieren. Hierfür wird zwischen drei unterschiedlichen Gebäudegruppen unterschieden:
    • Bei Gebäuden mit einem hohen Betriebsenergiebedarf steht der durch die Betriebsenergie induzierte Materialenergieaufwand im Mittelpunkt der Optimierungsmöglichkeiten. Konkret bedeutet dies, dass bspw. durch den Einsatz leicht zu reinigender Materialien der Energieaufwand gesenkt werden kann. Ebenso garantiert ein leichter Zugang zur Haustechnik die Austauschbarkeit defekter Teile und ermöglicht so, dass die Bausubstanz langfristig erhalten werden kann.
    • Bei Gebäuden mit besonders langer Lebensdauer und geringem Betriebsenergiebedarf liegt der Fokus auf dem Primärenergieinhalt und der Lebensdauer von Bauteilen. Langlebige Materialien sind aus ökologischer Sicht i.d.R. besser als Materialien, die zwar einen geringen Primärenergieinhalt aufweisen, jedoch häufiger ausgetauscht werden müssen.
    • Bei Gebäuden mit kurzer Lebensdauer, wie bspw. im Messebau oder bei temporären Bürogebäuden, kann der Primärenergieinhalt weitgehend ohne die Berücksichtigung der Langlebigkeit optimiert werden. Allerdings sollte auch der Rückbau der Bauten mit in die Planung einbezogen werden.
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