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Grünflächen

Fakten zu Behauptungen rund um das Thema Grünfläche.


Quelle: Unsplash

Faktencheck

München ist die Großstadt mit dem geringsten Anteil an Grünflächen.

München weist von großen deutschen Städten das höchste Verhältnis von bebauten zu unbebauten Flächen auf.

Jede dieser Behauptungen zum Thema „Grünfläche“ kann statistisch belegt werden. Aussagekräftig ist dennoch keine, weil ein Städtevergleich mit Ranglisten je nach Datenbasis und Methodik zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen kann.

Die Erklärung für Interessierte

Für das Umweltbundesamt bedeutet Bodenversiegelung zunächst ganz allgemein, dass der Boden luft- und wasserdicht abgedeckt wird, wodurch Regenwasser nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen versickern kann. Zudem werde der Gasaustausch des Bodens mit der ⁠Atmosphäre⁠ gehemmt. Das bedeutet, durch die Befestigung durch Beton, Asphalt, Pflastersteinen oder wassergebundenen Decken, werden Flächen ganz oder teilweise versiegelt.

Am 22.09.2021 berichtete die Süddeutsche Zeitung, dass München „die am stärksten versiegelte Stadt Deutschlands“ sei. Dabei bezog sich der Bericht unter anderem auf die vom Referat für Klimaschutz und Umwelt regelmäßig durchgeführte Münchner Versiegelungskartierung. Anhand von Luftbildern wurde zuletzt errechnet, dass für die Jahre 2015 und 2019 ein Gesamtversiegelungsgrad von 44 % vorlag. Dieser Wert stellt den Anteil der errechneten versiegelten Fläche in den Baublöcken sowie der errechneten versiegelten Fläche für Straßen, Schienenverkehrsflächen, Wege und Plätze an der Gesamtfläche des Stadtgebietes dar.

Der hier ermittelte Versiegelungsgrad deckt sich damit mit Werten aus anderen Studien:

  • Laut einer 2017 veröffentlichten Untersuchung des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU), wies das Münchner Stadtgebiet im Jahr 2015 einen Versiegelungsgrad von knapp 46 % auf. Zum Vergleich dazu, lag der Versiegelungsgrad laut der Umweltökonomischen Gesamtrechnung der Länder in Berlin zum selben Zeitpunkt bei 35 % und in Hamburg bei 30 %.
  • Im Jahr 2018 kam eine anhand von Satellitendaten durchführte Erhebung der VdS Schadenverhütung GmbH unter den 50 einwohnerstärksten Kommunen in Deutschland zu dem Ergebnis, dass München mit einem Versiegelungsgrad von 46,6 % die am stärksten versiegelte Großstadt Deutschlands sei. Die anderen drei Millionenstädte Deutschlands wiesen in derselben Untersuchung niedrigere Versiegelungsgrade auf: Berlin 39 %, Hamburg 36,2 % und Köln 34,3 %. Kleinere Städte wie Erfurt, Heidelberg, Freiburg oder Potsdam erzielten gar Werte unter 20 %.

Es stellt sich daher die Frage, warum München bei solchen Erhebungen im Vergleich zu anderen großen Städten statistisch stets schlechter abschneidet?
Hierfür ist zunächst eine Einordnung der Zahlen und der dahinterliegenden Methodik sinnvoll. So wird bspw. je nach Studie die versiegelte Fläche entweder ins Verhältnis zur Gesamtfläche oder lediglich zur Siedlungs- und Verkehrsfläche einer Stadt gesetzt. Die veränderte Vorgehensweise führt dazu, dass es unter Umständen unpassend sein kann, Zahlen studienübergreifend miteinander zu vergleichen.
Zudem kann sich bei der Darstellung der absolute Zahlen zeigen, dass diese sich deutlich von den prozentualen Werten unterscheiden. So betrug z. B. laut der Studie der VdS Schadenverhütung aus dem Jahr 2018 die versiegelte Fläche in Berlin 347,8 km², in Hamburg 273,4 km² und in München 144,8 km². Setzt man diese Zahlen nun mit den Einwohnerzahlen der jeweiligen Stadt ins Verhältnis, so kommen auf eine Einwohnerin bzw. einen Einwohner in München ca. 98 m² versiegelte Fläche, in Berlin ca. 95 m² und in Hamburg 148 m². Anders ausgedrückt: die Fläche in München wurde deutlich sparsamer und effizienter verbraucht als bspw. in Hamburg.

Dass die vergleichenden Statistiken stets mit der Gesamtfläche der Stadt arbeiten und diese in München historisch bedingt verhältnismäßig klein ist, muss zusätzlich bei einem Städtevergleich berücksichtigt werden. Mit einer Gesamtfläche von gerade einmal 310 km² liegt die Bayerische Landeshauptstadt im Ranking der vier Millionenstädte hinter Köln (ca. 400 km²), Hamburg (ca. 755 km²) und Berlin (ca. 890 km²). Ein Grund hierfür ist, dass München im Gegensatz zu anderen Städten seit nahezu 80 Jahren nicht mehr durch die Eingemeindung ganzer Orte flächenmäßig gewachsen ist. Das Stadtgebiet München enthält zudem im Gegensatz zu den Gebieten anderer großer Städte weder umfangreiche Flächenreserven noch größere Anteile von für die Siedlungsentwicklung ungeeigneten Flächen.

Konkretes Beispiel 1

  • Das Stadtgebiet Augsburg umfasst den Stadtwald Augsburg im Südosten und weitere Waldflächen im Südwesten. Teile des Stadtwalds Augsburg gehören bereits seit 1910 zu Augsburg, weitere Flächen wurden 1972 eingemeindet. Rund um München existieren hingegen große Waldgebiete (Forstenrieder Park, Perlacher Forst), die allerdings gemeindefrei sind und somit nicht zur Stadtfläche zählen. Vergleichbare Gebiete in München wie beispielsweise Teile der Fröttmaninger Heide gehören nicht zum Stadtgebiet. Dies hat zur Folge, dass in München die Einwohner rechnerisch auf einer geringeren Fläche leben, während Grünflächen nicht zum Stadtgebiet gehören.
  • Wasser- und Moorflächen machen 15 Prozent des Hamburger Stadtgebiets aus. Diese Flächen sind nicht besiedelbar, werden aber in die Berechnung der Einwohnerzahl je Quadratkilometer Stadtgebiet einbezogen.

Statistiken wie Einwohner je Quadratkilometer oder die rechnerisch für jeden Einwohner zur Verfügung stehende Fläche suggerieren, dass es in Städten mit besseren Werten wenig eng zugeht und mehr Raum für jeden Bewohner bleibt. Dies sagt aber nichts darüber aus, ob diese Flächen auch tatsächlich für weniger dichtes Wohnen oder für Aktivitäten der Bürger zur Verfügung stehen.

Konkretes Beispiel 2

  • Flughäfen, die zum Stadtgebiet gehören, sorgen rechnerisch für mehr Fläche je Einwohner — diese Fläche steht aber keinem Einwohner tatsächlich zur Nutzung zur Verfügung. Der Flughafen Düsseldorf zählt bspw. vollständig zur Düsseldorfer Stadtfläche, große Teile des Köln-Bonn-Airports gehören zum Kölner Stadtgebiet.

Die „Enge“ oder „Weite“ einer Stadt hängt nicht von den Stadtgrenzen auf der Landkarte ab, sondern von der tatsächlichen Nutzung des Raums. Die Münchner Bevölkerung sieht seit jeher das Münchner Umland als natürlichen Teil ihres Lebensraums und ihrer Freizeitgestaltung. Und hier stellt sich das Bild ganz anders dar.

Konkretes Beispiel 3

Betrachtet man nur die Städte, ist München hinsichtlich der Bevölkerungsdichte deutlich „enger“ als Düsseldorf (4.736 Einwohner je km² gegenüber 2.848 Einwohner je km²). Vergleicht man jedoch die Metropolregion München (235 Einwohner/km² ) mit dem Regierungsbezirk Düsseldorf (935 Einwohner/ km² ) sieht das Bild völlig anders aus! Letztlich sind weder die Städte allein noch die Regionen miteinander vergleichbar. Dieses Rechenbeispiel zeigt jedoch, dass man durch einen geschickten Vergleich jedes gewünschte Vergleichsergebnis für das Verhältnis von Grünfläche/Bodenversiegelung erreichen kann.

Weitere Fakten zu Grünflächen in München

  • Die gesamte Stadtfläche Münchens hat sich laut der LH München zwischen 1967 und 2017 nicht wesentlich geändert, die Grünflächen (ohne Sportflächen) haben jedoch in dieser Zeit um 170 Prozent auf 2.600 Hektar zugenommen.
  • Von 2010 bis 2020 haben öffentliche Grünanlagen, Biotop- und Ausgleichsflächen auf dem Gebiet der Landeshauptstadt München um 440 Hektar zugenommen. Das ist eine Grünfläche, die mehr als sechs Mal so groß ist wie der Westpark oder 1,4 mal so groß wie der gesamte Stadtbezirk Altstadt-Lehel.
  • Die Waldfläche Münchens beträgt seit 50 Jahren konstant 4 Prozent des Stadtgebiets.
  • Die Wasserflächen in München wurden in den vergangenen 50 Jahren um 100 Hektar vergrößert und machen 1,4 Prozent des Stadtgebietes aus.
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