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Verkehr

Fakten zu Behauptungen rund um das Thema Verkehr in München

Quelle: Wikimedia Commons

Faktencheck

Die Verkehrskapazität hat nicht mit der Einwohnerentwicklung in München mitgehalten.

Der ÖPNV ist stark überlastet.

Pauschal lassen sich diese Aussagen nicht beantworten, da es wichtig ist zwischen einzelnen Aspekten zu differenzieren. Zwar hat München ein hohes Stauaufkommen und eine hohe Quote an KFZ je Einwohnern. Allerdings lässt sich dies nicht ausschließlich auf die Einwohnerentwicklung zurückführen. Zumal die Verkehrsinfrastruktur einer stetigen Weiterentwicklung unterliegt.

Die Erklärung für Interessierte

Um die Verkehrssituation im Münchner Stadtgebiet beurteilen zu können, ist es sinnvoll, die einzelnen Verkehrsmittel zunächst separat zu betrachten.

Allgemein

In der Haushaltsbefragung „Mobilität in Deutschland“ im Jahr 2017 wurden 8.195 Menschen aus München gefragt, welches Verkehrsmittel sie hauptsächlich nutzen. Je 24 % der Befragten gaben an, dass Sie selbst überwiegend mit einem KFZ fahren, den ÖPNV nutzen oder zu Fuß unterwegs sind. Das Fahrrad als Hauptverkehrsmittel nutzen 18 % und jeder zehnte Teilnehmer gab an, in einem KFZ mitzufahren. Im Vergleich mit dem Jahr 2008 hat sich sowohl der Anteil der ÖPNV-Fahrer (+ 3 %) als auch der Anteil der Radfahrenden (+ 4 %) erhöht. Die Zahl der KFZ-Fahrer (- 3 %) sowie der Fußgänger (- 4 %) hat sich hingegen verringert.

Abbildung: Angaben zum Hauptverkehrsmittel in München, Quelle: LH München

Ein weiterer Aspekt, der bei Betrachtung der Verkehrssituation in München zu berücksichtigen ist, ist die Zahl der Pendler. Zum 30.06.2024 gingen insgesamt 970.646 Personen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung am Arbeitsort München nach. 457.954 Beschäftigte pendelten hierfür nach München ein. Diese sogenannten „Einpendler“ haben damit einen Anteil an der Gesamtzahl der Beschäftigten von 47,2 %. Durchschnittlich hat sich die Zahl der Einpendler seit 2014 um 22 Prozent erhöht.

Selbstverständlich gibt es auch Personen, die in München wohnen, jedoch ihren Arbeitsort außerhalb der Landeshauptstadt haben. Zum Halbjahr 2023 konnten insgesamt 203.136 solcher „Auspendler“ gezählt werden. Seit 2012 hat sich dieser Wert um 45,3 Prozent gesteigert.

Die Differenz aus Ein- und Auspendlern wird Pendlersaldo genannt und belief sich Mitte 2023 auf 254.458 Arbeitende, die nach oder aus München pendeln. Im Vergleich zu 2014 hat sich die Zahl der Beschäftigten mit Arbeitsort in München insgesamt um 32,2 Prozent erhöht.

Die Zahl der Einpendler hat sich seit 2014 etwa im selben Maße erhöht, wie die Zahl der Beschäftigten mit Arbeitsort in München. Die erhöhte Zunahme an Auspendlern hat selbstverständlich zur Folge, dass die Verkehrsinfrastruktur stärker ausgelastet wird.

KFZ-Individualverkehr

Im Jahr 2023 waren insgesamt 888.270 Kraftfahrzeuge in München registriert. Darunter fielen 34.371 Elektro PKW und 70.671 Motorräder. Im Vergleich mit den Bestandszahlen aus dem Jahr 2013 bedeutet dies ein Gesamtanstieg des Fahrzeugbestands um 15,6 Prozent. Die Zahl der Einwohner hat sich hingegen im selben Zeitraum von ca. 1,464 Millionen auf 1,589 Millionen „nur“ um 8,5% erhöht.

Dies hat zur Folge, dass im Jahr 2023 auf jeden Einwohner in München 0,56 Fahrzeuge kommen. Im Jahr 2013 lag die Quote noch bei 0,52 KFZ je Einwohner. Zunächst scheint die Veränderung dieser Quote sehr gering zu sein. Bei Betrachtung der totalen Zahlen zeigt sich allerdings, dass sich die Zahl der zugelassen Fahrzeuge in den letzten zehn Jahren um 120.034 erhöht hat. Bei einem Bevölkerungszuwachs von 124.064 Personen im selben Zeitraum, bedeutet dies anders ausgedrückt, dass seit 2013 auf jeden neuen Einwohner, unabhängig von Führerscheinbesitz und Alter, 0,96 zusätzliche Kraftfahrzeuge kommen.

Laut Untersuchungen des Verkehrsdatenanbieters Inrix standen Pendler 2023 in München (Platz 3 im Deutschlandvergleich) durchschnittlich 52 Stunden im Stau. Zum Vergleich standen Autofahrer 2024 in den Städten Berlin (1. Platz) 55 Stunden und in Stuttgart (2. Platz) 53 Stunden im Stau.


Abbildung: Stausituation in Deutschland und München sowie Verhältnis KFZ zu Einwohner in München im Zeitraum 2013 – 2023; Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von INRIX-Erhebungen, LH München, Statista

Die Zahl der ausgehändigten Führerscheine zeigt eine leichte Tendenz, dass immer weniger Menschen in München einen Führerschein erwerben. So hat sich zwischen 2013 und 2023 die Zahl der ausgehändigten PKW Führerscheine durchschnittlich um 0,9 % pro Jahr erhöht. Dieser Wert liegt damit knapp unter dem durchschnittlichen jährlichen Wachstum der Bevölkerung von 0,91 % und dem durchschnittlichen Anstieg von KFZ-Zulassungen von 1,1 % im selben Zeitraum. Berücksichtigt werden muss, dass die Corona Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen die Zahl der ausgehändigten Führerscheine in den Jahren zwischen 2020-2023 stark beeinflusst hat.

Abbildung: KFZ-Bestand und Einwohnerzahl sowie Zahl ausgehändigter Führerscheine in München im Zeitraum 2012 – 2021; Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von LH München

ÖPNV

Dass die Meinung über den Öffentlichen Personennahverkehr in München auseinandergehen verdeutlicht eine 2020 veröffentlichte Umfrage, in der 50 % der Befragten aus München und dem Umland angaben, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel als „fröhlich“ oder „begeisternd“ zu bewerten. Die anderen 50 % beantworteten dieselbe Frage mit „neutral“, „enttäuscht“ oder „gereizt“. Wiederum fühlte sich eine Mehrheit von 63 % im Rahmen einer weiteren Erhebung im Vorfeld der IAA 2021 gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln an München angebunden.

Trotz der unterschiedlichen Bewertungen zeigt die Betrachtung einzelner Daten des ÖPNV, dass in diesem Bereich in den letzten 10 Jahren eine stetige Weiterentwicklung stattgefunden hat.

So wurden im Gebiet der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) insgesamt ca. 570 Millionen Fahrgäste im Jahr 2023 mit Bus, Tram & U-Bahn transportiert. Im Vergleich zum Jahr 2013 ist dies ein Anstieg von 4,8 % (2013: 544 Millionen Fahrgäste). Insbesondere in den Jahren 2020 und 2021 gingen die Fahrgastzahlen aufgrund der Coronapandemie deutlich zurück.

Im Jahr 2023 steuerten die acht U-Bahnlinien 100 unterschiedliche Haltestellen an (2005: 91 und verfügten über eine Streckenlänge von 95 Kilometern.

2022 betrug die Gesamtlänge der Tramstrecke 82 Kilometer, was einer Steigerung von 3,7 % entspricht (2013: 79 km).

Die Gesamtlänge der Bus-Strecken erhöhte sich auf 545 km (2022: 454 km, + 16,7 %).

Die Zahl der Einwohner Münchens ist zwischen 2013 und 2023 um 8,5 % gestiegen. Beim Vergleich mit dem Zuwachs der Fahrgastzahlen von 4,8% ist festzustellen, dass letztere im selben Zeitraum nur halb so viel gewachsen sind. Es kann daraus geschlussfolgert werden, dass der Zuzug zu einem Anstieg der Fahrgäste führt und sich grundsätzlich weniger Menschen dazu entschieden zu haben, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.

Der Ausbau des Streckennetzes und die erhöhte Fahrleistung der eingesetzten Züge und Wagen in Kilometern zeigt, dass sich das ÖPNV-Angebot entgegengesetzt den Passagierzahlen entwickelt hat. Von einer zunehmenden Auslastung kann also pauschal nicht gesprochen werden.

Radverkehr

Die Radwege im Münchner Stadtgebiet haben eine Gesamtlänge von rund 1.200 Kilometern. Davon sind 500 Kilometer räumlich von der Straße getrennt und der Rest führt durch Tempo-30-Zonen oder Grünanlagen.

Laut Fahrradmonitor 2023 nutzen ca. 68% der Münchnerinnen und Münchner ihr Fahrrad mindestens einmal pro Monat. Fast 30% gaben an, Bikes-Sharing-Angebote zu nutzen.

Dass die Corona Pandemie den Trend zum Radfahren verstärkt hat, zeigt sich auch in München: Im April 2020 wurden z. B. 20 Prozent mehr Radfahrende verzeichnet als noch im Vorjahr. Im Zuge dessen wurden zwischen Anfang Juni und Ende Oktober 2020 an sechs Straßenabschnitten in der Innenstadt sogenannte Pop-up-Radwege eingerichtet. An einigen Straßen wurde zwischen 2012 und 2022 gar ein Zuwachs des Radverkehrs von fast 70 % gemessen.

Wie wichtig es ist, von Seiten der Stadt in den Ausbau der Infrastruktur für Radfahrende zu investieren, zeigt eine Studie von Greenpeace aus dem Jahr 2018. Daraus ergibt sich, dass München zwar im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten mit 17 % den höchsten Anteil an Radverkehr hat, mit 2,30 € pro Jahr und Einwohner für das Radfahren jedoch auch am wenigsten ausgibt. Noch deutlicher wird dies mit Blick auf die Städte Amsterdam und Kopenhagen, die einen Radfahranteil von 32 % bzw. 29 % haben und pro Einwohner und Jahr 11,00 € bzw. 35,60 € ausgeben. Die höheren Ausgaben spiegeln sich in der Unfallstatistik wider: So ist das Risiko in München mit dem Fahrrad in einen Unfall verwickelt zu sein mehr als sieben Mal höher als in Amsterdam und 13 Mal höher als in Kopenhagen.

 

Abbildung: Radverkehrsanteil, in Haushaltsplänen angegebene Ausgaben für den Radverkehr und Unfallrisiko in den sechs größten deutschen Städten, Amsterdam und Kopenhagen; Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Greenpeace 2018

Aus einer im Jahr 2020 veröffentlichten Umfrage geht jedoch auch hervor, dass 78 % der Befragten aus München und dem Umland die Nutzung des Fahrrads als „fröhlich“ oder „begeisternd“ empfinden. Damit liegt der Anteil der Befragten, die das Radfahren positiv bewerten, knapp unter dem in Kopenhagen (79 %) und sogar über dem in Amsterdam (70 %).

Aktuelle Projekte und Visionen

Die Stadt München führt momentan verschiedene Projekte durch, um die Verkehrssituation in München zu verbessern und für die Zukunft auszurichten:

  • Der Stadtrat hat in seinem Beschluss vom 18. Dezember 2019 entschieden, die Forderungen aus den Bürgerbegehren „Radentscheid München“ und“ „Altstadt-Radlring“ bis 2025 weitgehend umzusetzen und dadurch die Rad-Infrastruktur auszubauen.
  • Außerdem plant die LH München derzeit eine 9,1 Kilometer lange Radschnellverbindung vom Karlsplatz-Stachus in Richtung Garching und Unterschleißheim. Eine erste Teilstrecke davon wurde im Dezember 2024 zwischen Lenbachplatz und Platz der Opfer des Nationalsozialismus eröffnet. Neben der Schnellverbindung soll auch ein Altstadt-Radlring entstehen.
  • Ebenso arbeitet die Stadt daran, den Autoverkehr in der Altstadt zu reduzieren um stattdessen mehr Verkehrsmöglichkeiten für Fußgänger, Radfahrende und den ÖPNV zu schaffen und den öffentliche Raum der Altstadt neu und innovativ zu gestalten.

Anfang 2020 wurde zudem ein „Gesamtkonzept für Münchens Mobilität der Zukunft“ vorgestellt, der mit dazu beitragen soll, neue Verkehrskonzepte zu entwickeln. Zu den Visionen zählen unter anderem:

  • ins Umland führende Radschnellwege
  • Ringschlüsse der S-Bahn im Norden und Süden
  • neue U-Bahnen nach Solln, Planegg, Germering, Heimstetten, Dachau oder Ottobrunn
  • eine U-Bahn-Spange zwischen Freiham und Moosach und ein U-Bahn-Ringschluss im Norden
  • neue Tram-Verbindungen ins Umland
  • bestehende Tram-Verbindungslücken schließen, wie z. B. zwischen Harlaching und Neuperlach, zwischen Moosfeld und Johanneskirchen oder zwischen Harlaching und Harras
  • Einführung von High-occupancy vehicle lanes (HOV), auf denen nur Autos mit mehreren Mitfahrern und der ÖPNV fahren darf
    (etwa auf dem Mittleren Ring und den nach München führenden Autobahnen)
  • mehr Park-und-Ride-Standorte am Stadtrand

Fazit

Die Verkehrssituation in München und die damit verbundenen Diskussionen und Meinungen gestalten sich differenziert und vielschichtig.

Einerseits weist München unter den deutschen Großstädten die längsten Stauzeiten vor und die Bewertungen des Nahverkehrs gehen auseinander. Außerdem hat sich die Zahl der Kraftfahrzeuge je Einwohner in den letzten Jahren erhöht. Andererseits ist die Tendenz zu erkennen, dass immer weniger Münchnerinnen und Münchner einen PKW-Führerschein machen und immer mehr dazu geneigt sind, auf andere Verkehrsmittel, wie bspw. das Fahrrad oder den ÖPNV, umzusteigen.

Gerade Bus & Bahn haben sich in den letzten zehn Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und mit dem Bevölkerungswachstum Schritt gehalten. Dennoch ist die Stadt München weiterhin gefordert, gerade auch mit Blick auf die hohe Zahl der Ein- und Auspendler, die Verkehrsinfrastruktur weiter auszubauen. Ebenfalls muss sich die Situation für die nicht geringe Zahl an Radfahrerinnen und Radfahrer verbessern.

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